Brücken bauen in der Suchtberatung!

26.06.2025

Fachdienst Sozialpsychiatrie

Brückenbauen in der Suchtberatung

Heute, am 26. Juni – dem Internationalen Tag gegen Drogenmissbrauch – lohnt sich ein Blick auf ein besonderes Angebot in Köln-Chorweiler. Dort bietet die Suchtberatung der Diakonie Köln Beratung in verschiedenen Sprachen an – ermöglicht durch den Einsatz qualifizierter Sprach- und Kulturmittler:innen

„Sucht ist ein sehr schambehaftetes Thema – viele sprechen nicht offen darüber oder scheuen sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen.“

Ebru Toy arbeitet als Sprach- und Kulturmittlerin für Türkisch in der Suchtberatung der Diakonie Köln in Chorweiler. Ihre Aufgabe: Vertrauen schaffen, Brücken bauen, kulturelle Hürden abbauen. Denn: „Menschen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund fühlen sich häufig wohler, wenn sie mit jemandem sprechen, der ihre Sprache spricht und ihre kulturellen Werte kennt.“

Was in einem kleinen Team begann, ist heute ein wachsendes Netzwerk aus über 55 Vereinen, Trägern, Gemeinden, Streetworker:innen und Ehrenamtlichen. „Ich bin stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben, und freue mich auf die weiteren Schritte, die vor uns liegen.“

Ihr Ziel: „Ich wünsche mir, dass Sucht kein Tabuthema mehr ist und keine Scham mehr damit verbunden wird.“


→ Lesen Sie hier das ganze Interview: 

Wer sind Sie und wie sind Sie zur Suchtberatung gekommen?

Mein Name ist Ebru Toy. Ich arbeite als Sprach- und Kulturmittlerin für die türkische Sprache bei der Suchtberatungsstelle des Diakonischen Werks. Parallel bereite ich mich auf die Heilpraktikerprüfung vor, die ich im kommenden Jahr ablegen möchte.

Da ich die türkische Sprache fließend beherrsche, fand ich die Tätigkeit als Sprach- und Kulturmittlerin in der Suchtberatung besonders interessant – nicht zuletzt, weil Sucht auch gesundheitliche Aspekte umfasst und ich mich sehr für gesundheitliche Themen interessiere.

Wer spielt eine wichtige Rolle in Ihrer Arbeit und was genau sind Ihre Aufgaben als Kulturmittlerin in der Suchtberatung?

Ich arbeite eng mit verschiedenen interkulturellen Vereinen, Verbänden und religiösen Gemeinden zusammen. Zu meinen Aufgaben gehört es, an Stadtteilkonferenzen und Arbeitskreisen teilzunehmen sowie Netzwerktreffen zu organisieren. Dabei stellen wir unsere Arbeit vor und knüpfen Kontakte – insbesondere im Kölner Norden.

In meiner Funktion als Sprach- und Kulturmittlerin bin ich auch ein wichtiges Bindeglied zwischen Berater:innen und Klient:innen. Ich unterstütze bei Bedarf mit Übersetzungen und helfe bei kulturellen Fragestellungen weiter.

Wie hast du die Entwicklung in den letzten 1,5 Jahren erlebt?

Seit etwa 1,5 Jahren bin ich Teil des Suchtberatungsteams in Chorweiler und habe die Entwicklung von den ersten Schritten bis hin zu unserem aktuellen Stand intensiv miterlebt. Zu Beginn waren wir ein kleines Team von vier Personen, die sich im Büro zusammensetzten und überlegten, wie wir möglichst viele Menschen erreichen können.

Heute blicken wir auf ein beeindruckendes Ergebnis zurück: Wir haben über 55 Vereine und Träger erreicht, darunter zahlreiche Elterncafés, Jugendsuchtberatungsstellen, Alevitische Gemeinden, Moscheen, Synagogen, Kirchen, Migrationsberatungsstellen, Volkshochschulen, Flüchtlingsheime, Kulturinstitute, Psychologinnen, Musikchöre, Streetworker, feministische Vereine, Vereine für Menschen mit Behinderung, Sprachcafés und viele weitere Institutionen.

Wir haben an einem Tag in Chorweiler ein Frühstücksangebot organisiert, um die Menschen aus dem Stadtteil und der Umgebung zusammenzubringen. Zudem haben wir aktiv am Stadtteilfest in Blumenberg teilgenommen und uns mit türkischen Geschäftsfrauen und Akademikerinnen vernetzt.

Durch diese Veranstaltungen konnten wir viele neue Netzwerkpartner gewinnen und an Stadtteilkonferenzen sowie Arbeitskreisen teilnehmen. Dabei haben wir Ehrenamtliche gewonnen, durch unsere Suchtberaterinnen wurden sie geschult und die Ehrenamtler:innen sind nun aktiv dabei, noch mehr Menschen zu erreichen und das Suchthilfesystem aufzuklären.

Ich bin stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben, und freue mich auf die weiteren Schritte, die vor uns liegen.

Was motiviert Sie persönlich, diese Arbeit zu tun?

Als Kulturmittlerin mit türkischem Hintergrund möchte ich ein sichtbares Beispiel sein, dass auch wir offen über Sucht sprechen dürfen. Unsere Aufgabe als Sprach- und Kulturmittlerinnen ist es, die Angebote der Suchtberatung für Menschen mit Migrationsgeschichte zugänglicher zu machen und vorhandene Hürden abzubauen.

Sucht ist ein sehr schambehaftetes Thema – viele sprechen nicht offen darüber oder scheuen sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das gilt besonders für Menschen mit Migrationshintergrund.

Diese Brücke zwischen Klient:innen und Fachpersonal zu schlagen, empfinde ich als sehr wertvoll und sinnstiftend.

Wie achten Sie bei Ihrer Arbeit auf die Einhaltung der Menschenrechte?

Vertraulichkeit hat bei uns oberste Priorität. Alles, was uns anvertraut wird, bleibt unter uns und unterliegt der Schweigepflicht. Durch meine eigenen Erfahrungen mit Diskriminierung bin ich besonders sensibilisiert und begegne allen Menschen mit Respekt und auf Augenhöhe.

Welche kulturellen Unterschiede beeinflussen Ihre Arbeit?

Menschen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund fühlen sich häufig wohler, wenn sie mit jemandem sprechen, der ihre Sprache spricht und ihre kulturellen Werte kennt.

Diese Nähe schafft Vertrauen und erleichtert den Zugang zur Beratung. Genau das ist einer der wichtigsten Aspekte meinerArbeit.

Wo sehen Sie die größten Hürden in der Suchtberatung für Menschen mit Migrationshintergrund?

Die größte Hürde ist die Angst vor sozialer Stigmatisierung. Viele fürchten, in ihrer Gemeinschaft erkannt zu werden und dass ihr Ruf Schaden nimmt.

Diese Angst kann sie davon abhalten, professionelle Hilfe zu suchen – selbst wenn sie dringend notwendig ist.

Wo sehen Sie die Zukunft Ihrer Arbeit und der Suchtberatung im Allgemeinen?

Ich wünsche mir, dass Menschen künftig offener mit dem Thema Sucht umgehen – dass es kein Tabuthema mehr ist und keine Scham mehr damit verbunden wird.


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