Nach 42 Jahren Berufsleben in der evangelischen Kirche - davon 13 Jahre als Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Köln und Region - hat der Evangelische Kirchenverband Köln und Region Helga Blümel Ende November in den Vorruhestand verabschiedet.
Die Abschiedsfeier begann mit einem festlichen Gottesdienst in der Kartäuserkirche, den rund 200 Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter aus Köln, dem Rhein-Erft-Kreis und dem Rheinisch-Bergischen Kreis gemeinsam feierten. In seiner Predigt würdigte Stadtsuperintendent Rolf Domning das engagierte Arbeitsleben der 64-Jährigen: „Sie hat viele Spuren hinterlassen, die noch lange nachwirken werden.“
Den anschließenden Empfang im Haus der Evangelischen Kirche moderierte Susanne Herrmanns sehr humorvoll in ihrer Paraderolle als „Chantals Mutter“. Mit großer Überzeugung empfahl sie sich als optimale Besetzung für die frei gewordene Stelle: Als Mutter von drei Kindern und mit einem Ehemann, der das Geld vor allem in der Kneipe ausgebe, könne sie den Erzieherinnen in den Kitas und den Sozialarbeiterinnen in der Sucht- und Schuldnerberatung viele hilfreiche Tipps geben. In einem roten Ordner übergab sie Stadtsuperintendent Domning ihre Bewerbungsunterlagen mit den Worten „Liest sich wie ein Krimi!“ und bat dann die Grußwort-Redner ans Mikrofon.
Wohlfahrtsverbände und Stadt würdigen Engagement
Als „Ehrenfrau“ betitelte Caritas-Vorstand Peter Krücker seine langjährige Weggefährtin in der Ökumene. Mit dem aktuellen Jugendwort des Jahres beschrieb er eine Eigenschaft Helga Blümels, die sie besonders auszeichne: „Du zeigst Haltung, auch in schwierigen Fragen und trittst für Deine Überzeugungen ein, auch wenn Dir persönlich Nachteile drohen.“
Helga Blümel habe sich nie gescheut, „auch Themen ins Licht der Öffentlichkeit und der Politik zu rücken, die unangenehm sind“. Als „streitbare Sozialdemokratin, die für ihre Überzeugungen hart in der Sache eintritt“ sei sie nie unfair, nie verbissen gewesen, sondern „immer menschlich und ohne persönliche Eitelkeiten“. Um die Sozialpolitik und um die Stadt habe sie sich verdient gemacht.
Dies bestätigte auch Dr. Ralf Heinen, Bürgermeister der Stadt Köln und Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. Er dankte Blümel für ihr jahrzehntelanges Engagement, auch im Jugendhilfeausschuss, dem sie seit 1991 angehörte. Er freue sich, dass Helga Blümels Fachwissen zumindest im Sozialausschuss auch künftig erhalten bleibe, da der Rat der Stadt sie zur sachkundigen Einwohnerin gewählt hat.
Stellvertretend für die rund 90 diakonischen Träger in Köln sprachen Annette Nowinski, Geschäftsführerin der Jugendwerk Köln gGmbH, und Matthias Naumann , Leiter des Robert-Perthel-Hauses. Sie würdigten Helga Blümel in ihrer Rolle als Spitzenverband der Diakonie: „Du kamst mit dem unbedingten Willen zum gemeinsamen Arbeiten in die Fachkonferenzen und hast das Gemeinsame, das Verbindende, das diakonische Profil gesucht.“
Der „Spagat zwischen den beiden Rollen“ als Sprecherin der trägerübergreifenden Diakonie AG Köln und als Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Köln und Region sei ihr dabei gelungen. Geholfen haben ihr dabei fachliches Interesse, strategisches Denken und vernetztes Arbeiten. „Du bist eine Löwin für die Sache und wirkst dabei integrierend und zusammenführend für die besten Lösungen“, so Naumann.
Arbeitsleben in Düsseldorf und Köln
Helga Blümel wuchs in Düsseldorfer auf und studierte in Köln Pädagogik, Psychologie und Soziologie. Ihre berufliche Karriere begann sie 1976 in der Jugend- und Konfirmandenarbeit der Ev. Nathanael Kirchengemeinde in Köln-Bilderstöckchen. 1978 wechselte sie als Referentin in das Jugendreferat des Evangelischen Kirchenkreisverbandes Düsseldorf, zehn Jahre später dann zur Evangelischen Schüler- und Schülerinnenarbeit im Rheinland. 1991 kehrte sie beruflich wieder nach Köln zurück, wo sie seit ihrem Studium mit ihrem Mann Dieter Thomashoff in Köln-Kalk lebt.
Als Referentin im Jugendpfarramt des Evangelischen Stadtkirchenverbandes Köln prägte sie mehr als zehn Jahre die Jugendarbeit in Köln und ging 2002 dann als Bereichsleiterin zum Amt für Diakonie, dem heutigen Diakonischen Werk des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, wo sie 2003 die Geschäftsführung übernahm.
Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit sah sie immer darin, Strukturen zu schaffen, „die am Nerv der Zeit sind und gute Arbeit möglich machen“, so Blümel. Ihr Erfolgsrezept sei die Führung im Dialog und die Kommunikation auf Augenhöhe sowie die Vernetzung auf allen Ebenen, in den Stadtteilen, in der fachlichen Szene, zwischen den Wohlfahrtsverbänden, mit Politik und Verwaltung. Dabei waren ihr die Menschen in den Arbeitsfeldern immer besonders wichtig: „Sie tragen die Strukturen, die Kultur und sie sind an der Front der Arbeit.“ Freude und Spaß durften dabei aber auch nie zu kurz kommen.
Ausbau und Abbau sozialer Arbeitsfelder
Zu ihren Erfolgen zählt Helga Blümel unter anderem die Entwicklung eines sehr kleinen Straßen-Jugendprojektes zum heute erfolgreichen Jugendhaus TREFFER in Buchheim, den Ausbau des Fachdienstes Migration mit Flüchtlingsberatung, Gesundheitsversorgung, Beratung von Menschen in der Illegalität und die Beratung der Opfer des Nagelbombenattentats in der Keupstraße, außerdem den Ausbau der Suchtberatung im rechtsrheinischen Köln, auch mit Spielsuchtberatung sowie die Etablierung Erzieherischer Hilfen als Schwerpunktträger im Bezirk Mülheim und die Neukonzeption der Gemeinwesenarbeit und der Bahnhofsmission.
Einige Arbeitsfelder mussten während der vergangenen Jahre auch abgebaut werden, meistens weil sie nicht mehr aus eigener Kraft finanziert werden konnten. Dazu zählen unter anderem die Seniorenreisen, die Beratung Mutter-Kind-Kuren, die offene Arbeit mit Menschen mit Behinderung, die Arbeit mit Spätaussiedlern und die Gemeindediakonie sowie eines der ältesten Arbeitsfelder: der Diakonie Betreuungsverein.
Dennoch bezeichnet Helga Blümel ihre Arbeit rückblickend als „Traumjob“. Sie habe „großartige Menschen kennengelernt und mit ihnen kontinuierlich über lange Strecken das soziale Köln weiterentwickelt und so diese Stadt mitgestalten dürfen – dafür bin ich sehr dankbar.“
Zukunft des Diakonischen Werkes Köln und Region
Grund der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses sind unterschiedliche Auffassungen zur Zukunft des Diakonischen Werkes Köln und Region. Angesichts der zu erwartenden sinkenden Kirchensteuereinnahmen überlegt der Evangelische Kirchenverband, sein Diakonisches Werk in eine andere Struktur - zum Beispiel in einen kirchlichen Eigenbetrieb - zu überführen oder es mit einem anderen größeren diakonischen Träger zusammenzulegen. Um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu haben, wurde im Juli 2018 eine betriebswirtschaftliche Analyse in Auftrag gegeben.
Die Entscheidung über die Zukunft des Diakonischen Werkes fällt die Verbandsvertretung. Sie ist das Leitungsgremium des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, bestehend aus den Delegierten der vier Kirchenkreise und der 57 Kirchengemeinden, und tagt zweimal im Jahr.
Text: M. Schönhals
Fotos: D. Thomashoff